Archiv des Autors: redaktion

„Als das Bloggen noch geholfen hat…“

In der letzten Ausgabe des Entwickler-Magazin WordPress ist ein Artikel unseres Leiters Reto Eugster über das „wissenschaftliche Bloggen“ erschienen. Nun hat Reto Eugster den Beitrag in seinem Blog publiziert:

Wissenschaftliche Artikel durchlaufen ein Verfahren der Qualitätssicherung, bevor sie in Fach­zeitschriften publiziert werden. Fachinterne Gutachterinnen und Gutachter bewerten die Quali­tät eines Textes. Peer-Review heisst das Verfahren, welches seit dem 17. Jahrhundert existiert und erstmals für das Journal Philosophical Transactions in London genutzt wurde. Allerdings sind seit den frühen Jahren Fehlurteile bekannt. Beispielsweise wurde als Folge eines Peer-Re­view-Resultats im 18. Jahrhundert ein bahnbrechender Artikel über die Pocken-Krankheit nicht publiziert. Mit dem Aufkommen der Weblogs und einer wissenschaftsnahen Blogosphere war die Hoffnung verbunden, Artikel nun niederschwellig zugänglich zu machen. In einem trans­parenten Dis­kurs sollte die Science Community Texte diskutieren, bewerten und teilen können. Was ist aus diesen Hoffnungen geworden? In welcher Form kann das wissenschaftliche Bloggen eine Zukunft haben? Im Brennpunkt ist die deutschsprachige Blog-Szene.

Weiter im Weblog von Reto Eugster…

Totengebete und Facebook-Likes?

Von Prof. Dr. Reto Eugster

Sterben und Tod: Im Zuge veränderter Mediennutzung wandeln sich auch Formen des Trauerns. Reto Eugster im Gespräch mit Claudia Deuber über die Medialisierung des Trauerns.

Was ist typisch für die Art, wie heute mit Sterben und Tod umgegangen wird?

Der Umgang mit Sterben und Tod unterliegt dem gesellschaftlichen Wandel. Während die Vorstellungen von Sterben und Tod vom frühen Mittelalter bis hinein ins 18. Jahr­hundert weitgehend religiös „gezähmt“ waren, erleben wir heute ihre Psychisierung und Ästhetisie­rung. Der Tod ist nichts mehr, was uns „schicksalhaft“ ereilt, dem wir uns ergeben, sondern ist eine Zu­mutung, die der medialen Skandalisierung bedarf.

Was ist mit Psychisierung und Ästhetisierung gemeint?

In einer stark indivi­dua­lisierten Gesellschaft sind Sterben und Tod Angelegenheiten des Einzelnen. Nun droht der Umgang mit der Angst vor dem Tod zum psychischen Problem zu werden, das im Zweifel psychopharmakologisch behandelt wird. Anderseits ist der Tod in seinen medialen In­szenie­­­rungen allgegenwärtig. Ob im TV-Krimi, in der Tagesschau, bei stark frequen­tier­ten YouTube-Sequenzen oder in historischen Dokumentationen usw.: Es um die Klischierung und Mythisierung von Sterben und Tod. Wir sprechen von der Ästhetisierung des Todes.

Wie wirkt sich diese Medialisierung des Todes aus?

Medial inszeniert, erreicht uns der Tod nicht als Betroffene, sondern als Zuschauer. Wir können uns den Tod auf Distanz halten. Im Zweifelsfall hilft die TV-Fernbedienung, um uns den Zumutungen der Thematik zu entziehen.

Trauer scheint auch ein Social-Media-Thema geworden zu sein?

Das ist richtig. Virtuelle Friedhöfe waren noch vor zehn Jahren Nischen im Internet. Heute unterhalten die renommierten Zeitungen virtuelle Gedenkstätten. Diese weden stark frequen­tiert.

Tote hinterlassen Spuren im Internet

Knapp 400.000 Facebook-Konten hinterlassen verstobene User in Deutschland jährlich, in der Schweiz dürften es etwa 40.000 sein. Dabei ist Facebook nur ein Anbieter nebst vielen anderen. Cloud-Firmen, zum Beispiel der Schweizer Anbieter SecureSafe, bieten die Möglichkeit der Datenvererbung. Meine Daten sind verschlüsselt. Doch ich kann definieren, wer nach meinem Tod Zugang zu welchen Dateien erhalten soll. SecureSafe-Services sind verbreitet, sie werden von verschiedenen Kantonalbanken angeboten.

Ist es legitim, im Internet quasi öffentlich zu trauern?

Für Generationen ist das Internet zum Betriebssystem des Alltags geworden. Hier werden Schulaufgaben gelöst, Partnerschaften und Arbeitsstellen vermittelt, Fotos geteilt, Steuern berechnet, hier wird eingekauft, medizinisch beraten, hier ärgern sich Leute übereinander und hier verlieben sie sich ineinander. Weshalb sollte hier nicht auch getrauert werden? Ich halte diese Entwicklung für folgerichtig und solche Trauerformen für legitim.

Trifft das auf alle Generationen und sozialen Milieus zu?

Das ist eines der Probleme. Nach wie vor gibt es einen deutlichen generationalen Graben bei der Internetnutzung. Der Zugang zum Netz wird mehr und mehr Voraussetzung für gesellschaft­liche Teilhabe. Wie oft hören wir in Geschäften, Details und Rabatte seien im Internet zu finden. SBB-Sparbillette: Dazu braucht es einen Netzzugang. Doch beispiels­weise ältere Frauen sind im Netz stark untervertreten.

Verändert sich durch diese Virtualisierung die Trauerkultur unserer Gesellschaft?

Unsere Trauerkultur ist vielfältig geworden. Schwarze Kleider zu tragen, Totengebete zu zelebrieren, biblische Grabsteininschriften zu gestalten: Das sind nach wie vor wichtige Formen des Umgangs mit Tod und Trauer. Doch der irdische Platz, den wir bean­spru­chen, wird tendenziell kleiner. Urnen- und nicht Erdbestattung, Gemeinschafts- und nicht Einzelgräber sind im Trend. Zugespitzt: Wir beanspruchten im Tod weniger „irdischen Raum“, dafür mehr virtuellen.

Findet dieser Wandel der Trauerkultur genügend Akzeptanz?

Vermutlich ist es besser, von Trauerkulturen, also im Plural, zu sprechen. Der Umgang mit Tod und Trauer hat sich in der nach-konfessionellen Zeit ausdifferenziert. Nebst den Priestern gibt es unterschiedliche Arten von Ritualmeistern und -meisterinnen, die sich als Trauerbewältigungsassistenz anbieten. Noch in den 80er Jahren war umstritten, ob Kinderspielzeuge als Trauersymbole auf Gräbern verboten werden sollen. Eine Zeitlang gehör­ten Berufsbezeichnungen zu den tolerierten Grabinschriften. Heute zieren bereits Web-Adressen Grabsteine. Kurzum: Formen des Trauerns ändern sich ständig, wenn die Bedeutung des Religiösen, mindestens unter einer erweiterten begrifflichen Perspektive, auch bleibt.

Wie erleben sie in ihrem Umfeld diese Entwicklung?

Ein Fachkollege verstirbt unerwartet. Eine gemeinsame Bekannte will mir dies mitteilen. Als sie anruft, bin ich bereits informiert. Zwei Tage zuvor sass ich im Zug zwischen Zürich und St. Gallen schockiert vor meinem Smartphone, als ich von seinem Tod via Facebook erfuhr. Letzte Fotos von ihm waren noch zugänglich. Ein Link führte mich zu einem Trauerportal. Hier sah ich, dass Kolleginnen und Kollegen ihr Beileid bereits ausgedrückt hatten, und zwar auf empathisch-individuelle Art.

Was geschieht bei solchen Trauerportalen?

Es bilden sich Trauer-Communities. Dabei sind drei Aspekte wichtig: a) Die Trauer wird hier „vergemeinschaftet“. b) Ich begegne in einer Zuschauerrolle einem medial insze­nierten Tod, was eine gewisse Distanz sichert. c) In meiner Trauer kann ich aktiv wer­den, in dem ich Kommentare, Fotos usw. einbringe.

Diese Trauerportale schaffen Öffentlichkeit für etwas sehr Privates.

Bei vielen Portalen ist es möglich, den Zugang auf einen Freundeskreis hin einzu­schränken. Auch Facebook oder ähnliche Anwendungen richten sich an „Freundes­kreise“. Doch die Vorstellungen, was privat und was öffentlich sei, verändern sich stark. Dies hat auch Auswirkungen auf den Umgang mit der Trauer. Im Zuge von Social Media geht es nicht mehr nur um privat vs. öffentlich. Vielmehr werden im Sinne des Soziologen Jan Schmidt „persönliche Öffentlichkeiten“ geschaffen, ungezählte Nischenöffentlichkeiten.

Zu Lebzeiten sollte man sich um Erbschaftsfragen kümmern. Sollte man sich auch für seine digitale Hinterlassenschaft interessieren?

Die Trauerportale sind Konstruktionen von Hinterlassenschaft. Ich erlebte, dass eine Facebook-Freundin von mir starb und ihr Facebook-Profil über ihren Tod hinaus aktiviert blieb. Irgend etwas hinderte mich daran, diesen Facebook-Kontakt zu löschen. So blieb ich mit einer Toten „verbunden“. Als eines Tages über diesen Account wieder gepostet wurde, wirkte dies wie ein metaphyisches Ereignis auf mich. Zwischen dem Irdischen und dem Himmlischen scheint sich ein dritter Horizont zu öffen. Der Spielraum des Virtuellen.

Reto Eugster, Prof. Dr., ist Leiter des Weiterbildungszentrums der FHS St. Gallen und in der Hochschullehre tätig. Er ist Mitbegründer des Masterprogramms Social Informatics.

Redesign des Lehrgangs Mediation

Seit über zwölf Jahren bieten das Landesbildungszentrum Schloss Hofen (nun unter dem organisatorischen Dach der Fachhochschule Vorarlberg) und die FHS St. Gallen einen Lehrgang in Mediation an, der übrigens auch aktuell wieder ausgebucht ist. Der Lehrgang ist Teil des europäischen Masterprogramms Psychosoziale Beratung (MSc und MAS).

Auf Ende Jahr wird der Lehrgang Mediation nun einem Redesign unterzogen. Konzept und Programm werden an neue Entwicklungen angepasst. Verstärkt wird beispielsweise in Organisationen und Unternehmungen nach Modellen gesucht, Konflikte systematisch zu bewältigen. Zudem ist die wissenschaftliche Entwicklung in diesem Bereich in den letzten Jahren stark fortgeschritten.

Um der grossen Nachfrage nach Studienplätzen gerecht werden zu können, soll zwischen den Lehrgängen künftig eine Seminarreihe „Konfliktmanagement“ angeboten werden, die schliesslich an den Lehrgang anrechenbar werden kann.

Aktuelle Ausschreibung: https://www.fhsg.ch/fhs.nsf/de/cas-mediation-kurzbeschrieb

Informationen zum neuen Konzept und Programm folgen im Juni 2016.

Risiko der unauffälligen Daten

Kurzinput Social Informatics: 4. März, 13.30 bis zirka 15.30 Uhr, Fachhochschulzentrum St.Gallen, unmittelbar beim Hauptbahnhof St.Gallen, Raum: siehe Anzeigetafel 

Big Data ist ein grosses Thema, insbesondere wenn es um Datenschutz und Privacy geht. Wir widmen uns fundiert Fragestellungen zu diesem Thema.

Christian Thiel, Professor an der FHS St.Gallen, ist Experte für Datenschutz und Datensicherheit. In seinem Input widmet er sich dem Risiko der unauffälligen Daten und der Frage, wie Algorithmen Chancen und Risiken unseres Alltags bestimmen.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Masterprogramms Social Informatics statt. Alle Interessierten sind eingeladen. Kostenlos, Anmeldung erwünscht: Mail mit Stichwort „Anmeldung“ reicht, an weiterbildung()fhsg.ch … Oder DM via Twitter an @vorinstanz

Dr. Klüger macht klüger

Dürfen wir vorstellen? Das ist unser Dr. Klüger – Kurt Klüger:

Dr. Kurt Klüger

Dr. Klüger weiss über Bildungsthemen Bescheid. (Zeichner: Philip Meuli)

Dr. Klüger ist (natürlich) im besten Alter und beschäftigt sich seit Jahren mit dem Bildungswesen. Unsere Kunstfigur beantwortet Fragen und vermittelt alltagstaugliches Wissen zu den unterschiedlichsten Themen der Weiterbildung.

Übrigens, seine frappante Ähnlichkeit mit dem US-Schauspieler Harrison Ford und anderen lebenden Personen ist rein zufällig und ungewollt. Es bleibt jedoch die Frage: an wem hat sich wohl der Zeichner orientiert? Entpuppt sich etwa Dr. Klüger als «Indiana Jones des Bildungswesens»? Wer weiss. Lassen wir uns überraschen und derweilen von Dr . Klüger etwas klüger machen.

Kommunalentwicklung: Vom Verwalten zum Gestalten

@deupho Die FHS St.Gallen bietet seit sieben Jahren den Lehrgang Gemeindeentwicklung an. Aus dem Lehrgang heraus sind interessante Projekte entstanden, die in Gemeinden mit Nachhaltigkeit umgesetzt wurden. Der Lehrgang ist neu wieder ausgeschrieben.

Worum geht es?

Die Gestaltung des Kommunalen wird allzu oft als blosses Verwalten, günstigstenfalls als „Managen“, verstanden. Doch es geht darum, Vorstellungen zu entwickeln, wie Kommunalpolitik Gestaltungsräume erkennen und wahrnehmen kann. Dazu sind Methoden notwendig, die über das blosse Verwalten hinaus gehen.

Methoden der Kommunalentwicklung sind dann wirkungsvoll, wenn sie in einem tiefen Verständnis des Politischen begründet sind. Deshalb spielt politologisches Wissen in diesem Lehrgang eine zentrale Rolle. Nicht die Sicht politischer Akteure steht im Vordergrund, nicht parteipolitische Positionen, sondern eine wissenschaftsnahe Perspektive, die es ermöglicht, politisches Handeln zu reflektieren.

Sara Kurmann, Politologin und Leiterin des Ostschweizer Zentrums für Gemeinden, leitet den Lehrgang.

Neues Redaktionsmitglied

Das neue Redaktionsmitglied Stefania Venzago
Das neue Redaktionsmitglied Stefania Venzago

Stefania Venzago übernimmt neu redaktionelle Aufträge beim Bildungsblog.

Ich habe bereits meine Ausbildung zur Kauffrau an der FHS St.Gallen absolviert und war danach knapp 2 Jahre im Weiterbildungszentrum WBZ-FHS tätig.
Momentan arbeite ich an der Sprachheilschule St.Gallen, wo ich ein Praktikum als Klassenassistenz mache. Nebenbei kann ich noch weiterhin vereinzelte Stunden im WBZ arbeiten.

Werte im Kreuzfeuer

Networking-Tag 2015

Von Myriana Breu: Noch bis Ende Juni mit Frühbucher-Rabatt zum Networking-Tag. Hochdekorierte reden am 4. September über Werte: der Friedenstifter mit Verdienstkreuz, der Artillerie-Kommandant, der Kabarett-Preisträger, die ausgezeichnete Sozialunternehmerin, der Wirt-schaftsprofessor und Weitere. Gibt es einen gemeinsamen Nenner oder eine Wertediskussion mit scharfem Geschütz? Der Networking-Tag schafft Klarheit.

An der letztjährigen Jubiläums-Ausgabe des Networking-Tag wählten die über 700 Gäste fürs Folgejahr das Motto „Werte? Mir doch egal …“. Diesem werden die Organisatoren, die Alumni der Fachhochschule St.Gallen (FHS), nun am Freitag, 4. September, in der St.Galler Olma-Halle gerecht.

Werte in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
„Ein anspruchsvolles Thema“, meint FHS-Professor und Alumni-Leiter Sigmar Willi, „wo soll man da ansetzen?“ Der leicht unsichere Blick und die Denkfalte auf der Stirn weichen jedoch einem dezenten Lächeln, wenn Willi die Liste seiner Referierenden zückt: Der Spitzendiplomat und langjährige Chef des Roten Kreuzes Jakob Kellenberger kann beim Thema „Werte und Demokratien“ aus dem Vollen schöpfen. Während seiner Amtstätigkeit setzte er selbst in Krisengebieten die Einhaltung von Werten durch. „Werten und Ökonomie“ widmet sich Mathias Binswanger, einer der bekannstesten Schweizer Wirtschaftswissenschafter – als Querdenker, der die Dinge beim Namen nennt. Über „Werte und Jugend“ referiert der Autor und Kabarettist Bänz Friedli. Was haben eigentlich Werte und Stil gemein? Dieser Frage widmet sich der Modejournalist Jeoren van Rooijen.

Werte und Führung
„Für die Podiumsdiskussion wagen wir den Blick auf „Werte in der Führung“, so Sigmar Willi. Dafür gewinnen konnte er einen, der sonst lieber im Hintergrund agiert: Der Unter-nehmer und Präsident des FC St.Gallen, Dölf Früh, gewährt seltene Einblicke in seine Füh-rungsgrundsätze. Sina Trinkwalder gründete die hierarchielose Textilfirma Manomama und beschäftigt auf dem Arbeitsmarkt Benachteiligte – dafür wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Und – Achtung! – was ein Panzer- und Artillerie-Kommandant davon hält, sagt einer, der seine Funktionsstufe auf dem Revers trägt: der redegewandte Brigadier René Wellinger. Durch das Gespräch führt die SRF-Redaktorin und ehemalige Arena-Moderatorin Sonja Hasler.

Feiern mit Stil
Die anschliessende Networking-Party hat Tradition. Damit auch diese sicherlich nicht wert-frei über die Bühne geht, bietet Jeroen van Rooijen einen Style-Check an – für alle, die sich trauen. So sorgen wohl auch die Weindegustation, das Dinner, die Coacktail-Lounge und die Casino-Tische in der Olma-Halle für beste Stimmung in der elfjährigen Geschichte des Networking-Tags. Der Anlass ist öffentlich und beginnt um 13 Uhr.

WBZ-Studierende profitieren vom Alumni-Preis und bis zum 30. Juni 2015 vom zu-sätzlichen Frühbucher-Rabatt über CHF 50.00. Infos und Anmeldung unter: www.networkingtag.ch

„Konflikte haben ein schlechtes Image“

Am vergangenen Donnerstag fand an der FHS St.Gallen ein Alumni-Event statt. Der Leiter des Weiterbildungszentrums, Reto Eugster, führte mit seinem Referat in die „Methodik des konstruktiven Kritisierens“ ein. Das Weiterbildungszentrum der FHS St.Gallen bietet zu Themen rund um das Konfliktmanagement verschiedene Weiterbildungen an, unter anderem den Lehrgang Mediation (Konfliktvermittlung).

Reto Eugster, Fachhochschule St.Gallen, FHS St.Gallen

Der Leiter des Weiterbildungszentrums FHS, Reto Eugster, am Alumni-Event in St.Gallen

Sigmar Willi, Leiter der FHS-Alumni, führte in die Veranstaltung ein. Jedes Studium diene dem Networking und sei nach Abschluss nicht „erledigt“. Ziel von solchen Alumni-Events sei, das Networking zu aktualisieren.

Reto Eugster, der seit vielen Jahren als Dozent im Mediationslehrgang tätig ist, betonte, dass das konstruktiv nutzbare Potenzial von Konflikten unterschätzt werde. Beispielsweise zeigen Konflikte oft einen Veränderungsbedarf an und nicht selten wirken sie als Veränderungsbeschleuniger. Gerade in der Politik würden Entwicklungen oft in den Modi Knappheit und Konflikt zustande kommen.

Reto Eugster beschrieb, wie Kritik oft als Konfliktofferte, als Einladung zum Streit, verstanden bzw. missverstanden werde. Die Angst vor Konflikten ist schliesslich der Grund, weshalb es in Teams schwer fällt, zu kritisieren. Tatsächlich sieht Eugster einen Zusammenhang zwischen der Konfliktkompetenz von Teammitgliedern einerseits sowie der Teamkultur anderseits. Es bewähre sich, Konflikte nicht als Unfall, sondern als Normalfall der Teamarbeit zu verstehen.

Konstruktives Kritisieren zeichnet sich durch einige Merkmale aus. Eine solche Kritik ist konkret und handlungsorientiert, wird nicht als Vorwurf, sondern als Wunsch geäussert, wird möglichst situativ vorgebracht und zeichnet sich durch Authentizität aus („Ich-Botschaften“). „Lernkultur ist Kritikkultur und im Effekt konfliktoffen“, so Eugster. Er plädierte dafür, in der Teamarbeit Raum für erbetene Kritik zu geben, beispielsweise an Meetings. „Formen des Erbetens von Kritik zu institutionalisieren, kann in harmonieneurotischen Teams viel bewirken“, erläuterte Reto Eugster im Fachhochschulzentrum.

Im Rahmen des Mediationslehrgangs, den die FHS St.Gallen gemeinsam mit dem Zentrum für Wissenschaft und Weiterbildung Schloss Hofen seit über zehn Jahren anbietet, findet eine vertiefte Beschäftigung mit solchen Fragen statt. Der Mediationslehrgang ist Teil des Masterstudiums Psychosoziale Beratung.

Experiment gelungen, Beteiligte begeistert

Lisa Brunner. Heute Nachmittag wagte eine Gruppe von Lehr- und Betreuungspersonen des Schulamts St.Gallen im Rahmen ihrer Weiterbildung zu Medienpädagogik-Beauftragten ein Selbstexperiment, das sich „Placebook“ nennt. Ein Teil der Studierenden exponierte sich als lebende Facebook-Profile an verschiedenen Standorten in St.Gallen. Die anderen begleiteten sie und sprachen Passanten an, um diese auf die Aktion aufmerksam zu machen. Die Passanten hatten die Möglichkeit, Bilder oder Beiträge zu „liken“ oder zu kommentieren oder gar eine Freundschaft mit den „Placebookern“ einzugehen.

Das Experiment ist gelungen und alle Beteiligten sind nach rund 1 ½ Stunden voller Energie mit vielen interessanten Geschichten ins Fachhochschulzentrum zurückgekehrt. Der generelle Tenor der Gruppe lautet: „Wir sind mega viel ‚gelikt‘ worden. Uns sind die ‚Like‘-Kleber ausgegangen. Die Aktion hat Spass gemacht.“ Sie hätten viele interessante Reaktionen erlebt. Die einen seien selber sehr grosszügig mit persönlichen Informationen umgegangen, mit anderen hätten sich längere Gespräche ergeben. Manuel Hengartner erzählt von einem speziellen Erlebnis: „Eine etwa 85jährige Dame war begeistert von der Aktion. Sie hat meine Bilder auf dem Placebook-Profil bestaunt, gelikt und sogar einen Kommentar geschrieben. Und sie hat mir verraten, dass sie selber auch ein Facebook-Profil habe.“

„Das begeisternde Feedback der angehenden Medienbeauftragten kann als Plädoyer für mehr Selbstversuche verstanden werden, ganz im Sinne von Konfuzius: Lass es mich selber tun und ich begreife“, lautet das Fazit von Mark Riklin, Initiant dieser Aktion und Lehrbeauftragter an der FHS.

Und hier finden Sie die Videodokumentation zum Placebook-Experiment.