Die Gemeinde Waldkirch hat vor einem Jahr eine eigene App lanciert. Dies mit dem Ziel, die Bevölkerung zu informieren und zu vernetzen. Über 700 Personen haben die «Waldkirch App» bisher heruntergeladen. Initiator des Projekts ist Aurelio Zaccari. Der Waldkircher Gemeindepräsident ist fasziniert von der Technik hinter Online-Dienstleistungen. Derzeit absolviert der 48-Jährige an der FHS St.Gallen den CAS Digital Public Services and Communication. Im Interview spricht Zaccari darüber, wie man Bevölkerung und Gewerbe auf digitalem Weg zusammenbringt, in welchen Fällen Push-Nachrichten optimal sind und weshalb es nicht von Anfang an ein perfektes Produkt braucht.
Herr Zaccari, weshalb benötigt eine Gemeinde mit 3500 Einwohnerinnen und Einwohnern eine eigene App?
Ein wesentlicher Vorteil der App ist die Geschwindigkeit, mit der man Informationen unter die Leute bringen kann. Ein Beispiel: Als im vergangenen Sommer das Feuerverbot aufgehoben worden ist, haben wir dies über eine Push-Nachricht sofort kommuniziert. Mit dem Mitteilungsblatt wäre das nicht möglich gewesen. Unsere App gewährt darüber hinaus einen direkten Zugang zu wichtigen Serviceleistungen wie Fahrplan oder Raumreservation. Sie erlaubt es zudem, dass die Nutzerinnen und Nutzer gezielt Inhalte ihrer Wahl aufrufen können. Und nicht zuletzt können sie künftig auch partizipieren. Wir sind daran, die Waldkirch App mit einer Responsefunktion zu versehen. Damit ermöglichen wir der Bevölkerung, Rückmeldungen auf unsere Meldungen zu geben. Dies, auf die Gefahr hin, dass vielleicht einmal ein Kommentar kommt, der für uns weniger erfreulich ist.
Aber bedeutet das alles nicht einen riesigen Aufwand?
Die öffentliche Hand hat meist den Anspruch, von Anfang an etwas Perfektes auf die Beine zu stellen. So fehlt oft der Mut, Neues auszuprobieren, Erfahrungswerte zu sammeln und darauf aufzubauen. Bei der Waldkirch App sind wir jedoch genauso vorgegangen, was für Gemeinden eher untypisch ist. Nun entwickeln wir die App Schritt für Schritt weiter. Dabei setzen wir auf die Zusammenarbeit mit der Cavelti AG. Durch den Umstand, dass die Firma bereits unser Mitteilungsblatt produziert, entstehen Synergien, die den Aufwand minimieren. Zudem haben wir eine Lösung, die auf Waldkirch zugeschnitten ist. Es gibt andere Gemeinden, die bereits auf unser Modell spienzeln.
Wie wichtig ist es denn für eine Gemeinde, Dienstleistungen digital anzubieten?
Man wird als Gemeinde gerne daran gemessen, ob man mit der Zeit geht und die technologischen Entwicklungen, die in der Privatwirtschaft bereits Standard sind, nutzt. Eine Gemeinde soll sich aber auf jeden Fall zuerst gut überlegen, was sie mit welchen Services erreichen will und wie viele Ressourcen sie dafür einsetzen möchte.
Löst die App im Fall Waldkirch irgendwann das Mitteilungsblatt ab?
Das Mitteilungsblatt wird deshalb nicht verschwinden. Die Frage ist höchstens, ob sich vielleicht in Zukunft der Takt verringert, es nur noch jede zweite Woche statt jede Woche erscheint. Das Bedürfnis, sich am Wochenende gemütlich mit dem Mitteilungsblatt in der Hand hinzusetzen, ist nach wie vor vorhanden. Es braucht weiterhin verschiedene Kanäle. So sind wir in der Lage, generationenübergreifend zu kommunizieren und schliessen niemanden aus. Die Herausforderung besteht neu darin, zu bestimmen, welche Infos auf welchen Kanälen Sinn machen. Ein entsprechendes Konzept erarbeite ich nun als Abschlussarbeit meiner Weiterbildung an der FHS St.Gallen.
Sie absolvieren den CAS Digital Public Services and Communication. Was fasziniert Sie am Thema?
Mich interessiert zum einen die Technik. Als ich vor zwei Jahren mein Amt als Gemeindepräsident angetreten habe, stand Waldkirch bezüglich mobilem Arbeiten nahezu am Nullpunkt. An den Sitzungen hatte man Papier und Bleistift dabei. Persönliche Notebooks gab es nicht. Der Zugriff auf Dokumente war nur vom PC am Arbeitsplatz aus möglich. Ich habe dann schnell entsprechende Lösungen in die Wege geleitet. Mein Wunsch war es zudem, nebst dem Mitteilungsblatt und der Webseite einen zusätzlichen Informationskanal zu schaffen. So ist die App entstanden. Bereits an meiner vorherigen Stelle bei der kantonalen Notrufzentrale der Kantonspolizei St.Gallen war ich an der Entwicklung einer App beteiligt. Neben dem Technischen fasziniert mich schon seit jeher die Kommunikation mittels digitaler Medien. Genau deshalb setze ich mich in der Gemeinde auch schon seit Jahren für den Ausbau des Mobilfunknetzes ein.
Ein Projekt im Rahmen Ihrer Weiterbildung war es, die Waldkirch App zu optimieren. Wie genau sieht Ihr Plan aus?
Ziel ist es, eine Schnittstelle zwischen Bevölkerung und Gewerbe zu bieten. Hat jemand beispielsweise ein kaputtes Fenster, findet er mit Hilfe der App auf unkomplizierte Weise einen Handwerker, der es repariert. Das System sucht also nach den passenden Dienstleistern. Es ist vorgesehen, dass eine Testgruppe diesen Service zuerst auf Herz und Nieren prüft, damit wir ihn wirklich auf die Bedürfnisse der Anwenderinnen und Anwender zuschneiden können. Diese Anwenderorientierung ist eine zentrale Botschaft im Lehrgang
Was hat Sie im Lehrgang am meisten überrascht?
Überrascht oder fast eher etwas erschreckt hat mich die Komplexität hinter den digitalen Dienstleistungen. Zum Beispiel bezüglich der Frage, was mit den Nutzerdaten geschieht. Ich habe deswegen aber nicht die Motivation verloren. Im Gegenteil: Die Weiterbildung hat mir klar aufgezeigt, was alles möglich wäre, aber dass es auch legitim ist, sich auf gewisse Sachen zu beschränken. Wichtig ist, diese dann mit voller Überzeugung umzusetzen.