Im Executive MBA an der FHS St.Gallen treffen Führungskräfte aus verschiedenen Branchen zusammen. Nebst ihrem Berufsalltag erleben sie derzeit auch ihre Weiterbildung auf ungewohnte Weise. Diese findet aufgrund der aktuellen Situation digital statt. Dank eines besonderen Settings lässt sich jedoch ein Hauch Normalität in die Lektionen zaubern. Das zeigt ein Unterrichtsbesuch.
Es ist Freitagvormittag kurz nach 11.30 Uhr: Die Studierenden des Executive MBA geniessen nach einem gehaltvollen Referat über aktuelle Technologietrends gerade eine kurze Kaffeepause – jeder in seinen eigenen vier Wänden. Währenddessen sind Dozent Oliver Christ und Gastdozent Damir Bogdan im vierten Stock des Fachhochschulzentrums mit den letzten Vorbereitungen für die nächste Lektion beschäftigt. Diese findet in einem besonderen Setting statt. Die referierende Person sitzt diesmal nicht am Laptop, sondern bewegt sich frei im Raum, genau wie im analogen Unterricht. Auch altbewährte Mittel wie Whiteboard oder Flipchart kommen zum Einsatz. Die Kamera aus dem aufgeklappten Visualizer sowie diverse andere technische Vorkehrungen machen es möglich, das Geschehen via Microsoft Teams eins zu eins in die Büros und Wohnzimmer der Studierenden zu übertragen. Auf den Bildschirmen ergibt sich dadurch das Bild einer Unterrichtsituation, wie man sie sich vor der Krise gewohnt war. Ein Hauch Normalität in einer Zeit, in der alles dem Wandel unterworfen ist.
Die Weiterbildungen an der FHS St.Gallen finden aufgrund der aktuellen Situation nach wie vor im Rahmen von Distance Learning statt. Das bedeutet, dass sich die Teilnehmenden der Studien- und Lehrgänge auf Plattformen wie Zoom oder Microsoft Teams zum Unterricht treffen. So auch die EMBA-Klasse, die am 8. Mai zum ersten Mal zusammengefunden hat. Sie besteht aus Führungskräften, die verschiedenen Branchen angehören – ob Versicherungen, Banken oder Industriebetrieben.
Lehren und lernen im digitalen Raum
Die Lektion hat soeben begonnen. Damir Bogdan steht im Raum, in der Hand ein schwarzer Filzstift, auf dem Kopf das Headset. Übers Mikrophon tauscht er sich mit den Studierenden aus. Die Ergebnisse kritzelt er für alle gut sichtbar auf einen Flipchart. Olivier Christ sitzt derweil am Laptop und beobachtet die einzelnen Wortmeldungen im Chat.
Welchen Einfluss hat die aktuelle Situation auf die einzelnen Branchen und Unternehmen? Welche Beschleunigungen und anderweitigen Veränderungen hat die Krise ausgelöst? Das sind Fragen, mit denen man sich an diesem Freitagvormittag beschäftigt. Die Studierenden berichten unter anderem von einer zunehmenden Offenheit gegenüber Homeoffice – selbst bei Skeptikern, von verändertem Konsumverhalten, von einer raschen Digitalisierung analoger Prozesse, aber erstaunlicherweise auch von weniger Krankmeldungen gegenüber vorher.
Pionierrolle übernehmen
Wie in allen Weiterbildungen an der FHS St.Gallen ist auch im Executive MBA der Praxisbezug zentral. Die Studierenden sollen die Möglichkeit erhalten, Wissen und Erkenntnisse aus dem Unterricht auf Fragestellungen im eigenen Betrieb zu transferieren. Doch welche Aufgaben ergeben sich konkret durch die veränderten Bedingungen? Diese Frage erörtert Damir Bogdan, Experte für digitale Transformation, zusammen mit den Studierenden. Es zeigt sich: Die Herausforderungen sind komplex und individuell.
«Durch die Krise steht jedes Unternehmen vor einer Art Neustart. Wenn man nun mit alten Rezepten die Zukunft anpackt, ist das nicht erfolgversprechend.»
Damir Bogdan, Experte für digitale Transformation, Gastdozent an der FHS St.Gallen
Doch einen Ratschlag kann der Gastdozent allen mit auf den Weg geben: Durch die Krise stehe jedes Unternehmen vor einer Art Neustart, so Bogdan. «Wenn Sie nun mit alten Rezepten die Zukunft anpacken, ist das nicht erfolgversprechend.» Die derzeitige Situation biete die Möglichkeit, veraltete Strukturen aufzubrechen, ein neues Denken zu implementieren und somit Einfluss zu nehmen. «Bringen Sie Ihr Wissen ein und übernehmen Sie eine Pionierrolle.» Wenn dies gelinge, habe der Studiengang bereits viel bewirkt.