In seiner richtungsweisenden Master-Arbeit im Rahmen des Studiums MAS in Business Process Engineering der FHS St.Gallen betrachtet Markus Wegmann den gesamten Software-Entwicklungsprozess. Er entwirft unterstützende Werkzeuge und Checklisten, um die Erstellung barrierefreier Software besser und vor allem umfassend zu verankern.
Zusammenfassung von Dr. Stefan Stöckler, Studienleiter, MAS in Business Process Engineering und MAS in Business Information Management
Barrieren, welche die Nutzung von Applikationen erschweren, können unterschiedliche Ursachen haben und auf anwendungsbedingten, behinderungsbedingten oder individuellen Einschränkungen basieren. Barrierefreie Systeme sollten so gestaltet werden, dass sie von jeder Person benutzt werden können – allenfalls jedoch mit Hilfe von unterstützenden Technologien, wie z.B. einem Screenreader oder einer Braille-Zeile.
Wer diese Überlegungen bei der Entwicklung einer Software vernachlässigt, schliesst eine Gruppe von Personen aus der Informationsgesellschaft aus. Sich dessen bewusst zu sein, ist enorm wichtig. Die bestehenden, wohl aber auch oft unbekannten Richtlinien beschränken sich jedoch weitgehend auf die barrierefreie Gestaltung von Internetseiten. Das heisst, man könnte diese noch als Vorgaben für allgemeine Applikationen interpretieren. Welche Aspekte im Software-Entwicklungsprozess zu berücksichtigen sind, um eine barrierefreie Software zu erstellen, ist jedoch wenig bis gar nicht definiert.
Anforderungen klar definieren
Der Grundgedanke der Master-Arbeit von Markus Wegmann ist, dass das Ziel einer barrierefreien Applikation über den gesamten Entwicklungsprozess beachtet werden muss. Es reicht nicht aus, wenn Allgemeinplätze wie «Die Applikation muss auch für Menschen mit Sehbehinderung bedienbar sein» als Anforderung deklariert wird. Spezifizierte Funktionaltäten müssen konkret formuliert werden. Beispiele dafür: die Darstellungsgrösse der einzelnen Bildschirminhalte muss stufenlos regulierbar sein. Oder der Bildschirminhalt muss so aufgebaut oder mit einer Schnittstelle versehen sein, dass er automatisiert vorgelesen werden kann.
Der Autor bettet diese und viele weitere Überlegungen in den gesamten Software-Lebenszyklus ein. Er zeigt anschaulich, wie diese wichtigen Themen mit bestehenden, vielfach verwendeten Methoden ohne Umstellungen in den Entstehungs-, Test- und Betriebsprozess von Applikationen eingebaut werden können. In einem eigenen Kapitel stellt Wegmann für jede Phase des Software-Lebenszyklus umfangreiche Checklisten vor. Wer sich an denen orientiert, gewährleistet die Gestaltung der geforderten Barrierefreiheit.
Schon heute können viele Menschen IT-Lösungen aufgrund körperlicher Einschränkungen nur bedingt nutzen. Betrachtet man zudem die demographischen Entwicklungen in Mitteleuropa, dann erkennt man leicht wie wichtig und aktuell dieses Thema ist. Deshalb wünscht sich der Autor, dass sich möglichst viele Software-Häuser und App-Entwickler mit dieser Thematik befassen. «Barrierefreiheit während des gesamten Entwicklungsprozesses durchgängig zu beachten ist schlussendlich immer günstiger, als nachträglich zu versuchen Hilfsmittel in die Software einzubauen», so sein Fazit.
Zur Person: Markus Wegmann (49) ist Diplomierter Wirtschaftsinformatiker und arbeitet als Provider Manager in der IT-Branche. Requirements erheben und vertraglich mit Lieferanten vereinbaren ist ein Teil seiner Tätigkeit. In seiner Masterarbeit im Rahmen seines Weiterbildungsstudiums MAS in Business Process Engineering hat er sich bewusst mit dem Thema Barrierefreiheit beschäftigt, da diesem in der Softwareentwicklung oft zu wenig Beachtung geschenkt wird.