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Daniela Habegger, Kommandantin der Sanitätspolizei Bern

Daniela Habegger, eine der ersten Frauen im Dienst der Sanitätspolizei Bern

Seit rund zehn Monaten ist unsere ehemalige Weiterbildungs-Studentin Daniela Habegger Kommandantin der Sanitätspolizei Bern und somit verantwortlich für die Sanitätsnotrufzentrale SNZ 144 und den Rettungsdienst der Stadt und Region Bern. Sie ist die erste Frau im Kanton Bern, die ein solches Amt innehat. Vor 18 Jahren war sie bereits in einem Teilzeitpensum bei der Sanitätspolizei Bern tätig. Ein Bericht über eine «Powerfrau» im Dienste der Rettungssanität.

Treffpunkt Bahnhof Bern. Daniela Habegger (51) wartet schon und chauffiert mich zur Sanitätspolizei (Sano) Bern. Unterwegs erklärt sie, was es zu sehen gibt: hier das Inselspital, dort den Stützpunkt der Abteilung Feuerwehr, Zivilschutz und Quartieramt der Stadt und Region Bern. Angekommen im 2013 bezogenen Neubau an der Murtenstrasse 111 führt mich Oberstleutnant Habegger durch ihr Reich und erklärt die Aufgaben der Sanitätspolizei: «Wir sind für alle Unfall-, Notfall- und Krankentransporte in der Stadt und Region Bern zuständig. Zudem betreiben wir die Sanitätsnotrufzentrale 144 Bern.». Das Einsatzgebiet umfasse 38 Gemeinden mit etwa 320’000 Einwohnerinnen und Einwohner. Zur Organisation erläutert sie: «Wir sind paramilitärisch organisiert und sowohl der städtischen Direktion für Umwelt, Sicherheit und Energie (SUE) als auch der Gesundheits- und Führsorgedirektion (GEF) des Kantons Bern unterstellt.» Mit der GEF bestehen Leistungsvereinbarungen für den Rettungsdienst und die SNZ 144.

Erste Kommandantin im Kanton
Habegger leitet die 1904 gegründete Sanitätspolizei Bern. Ihre Funktion nennt man «Kommandantin». Ihr unterstellt sind insgesamt 166 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den Bereichen Planung und Einsatz, Rettungsdienst und Ausbildung oder Logistik tätig sind. Davon befinden sich aktuell 23 Personen in der Ausbildung zur Rettungssanitäterin HF bzw. zum Rettungssanitäter HF. Wer hier eine reine Männerdomäne unter weiblicher Führung erwartet, liegt falsch. Daniela Habegger war zwar vor rund 20 Jahren die erste Rettungssanitäterin der Stadt Bern, doch heute liege der Frauenanteil bei etwa 40 Prozent, freut sich Habegger. Auf dem Rundgang grüsst sie ihre Mitarbeitenden freundlich und wechselt kurz ein paar Worte mit ihnen. Von der militärischen Rangordnung ist nichts zu spüren. Man merkt jedoch schnell, dass sie sich gut eingelebt, gerne mit Menschen zu tun und Freude an ihrem Job hat. Welches sind denn die grössten Herausforderungen? «Mit dem Führungswechsel fand auch ein gewisser Kulturwandel statt. Das führt natürlich bei einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu einer gewissen Verunsicherung», erklärt Daniela Habegger. Sie lebe einen offenen, partizipativen Führungsstil. Es sei ihr wichtig, dass die Mitarbeitenden ihre Sicht und Meinung einbringen und Eigenverantwortung übernehmen. Weitere Themen, mit denen sie sich intensiv beschäftigt, ist die Weiterentwicklung der Organisation und generell die Entwicklung des Rettungsdienstes im Kanton Bern.

Schnelle Erstversorgung durch Laie
Angekommen in der Sanitätsnotrufzentrale 144 übergibt sie mich kurz dem stellvertretenden Gruppenleiter der SNZ 144 Stefan Nydegger. Erwartet hätte ich hier eine gewisse Hektik. Es geht aber ganz ruhig zu und her in diesem Grossraumbüro. Er erklärt, was auf seinen vier Monitoren zu sehen ist. Mit Stolz erzählt er mir ausserdem vom Projekt «Firstresponder.be». Firstresponder (FR) seien medizinische Laien, die ausserhalb des regulären Rettungsdienstes Erste Hilfe leisteten. «Bei medizinischen Notfällen überbrücken sie die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsteams mit Lebensrettenden Sofortmassnahmen und betreuen Patienten und deren Angehörigen.» Die ausgebildeten und registrierten FR würden bestimmen, in welchen Gemeinden sie eingesetzt werden wollen. Die Sanitätsnotrufzentrale alarmiere bei einem Einsatz via App alle in Frage kommenden FR. Diejenigen, die den Alarm quittieren, erhalten die Details zum Einsatz und begeben sich umgehend an den Ereignisort.

Zwei Weiterbildungsmaster abgeschlossen
Zurück in ihrem Büro erzählt Daniela Habegger, wie sie ihre Weiterbildung an der FHS St.Gallen erlebt hat. «Zuerst wollte ich ja eigentlich nur einen Lehrgang in Leadership besuchen.» Das tat sie dann auch und «leckte Blut», falls man das bei einer Rettungssanitäterin so sagen darf. «Ich besuchte dann doch noch die zwei anderen Lehrgänge und schloss 2010 den MAS in Health Service Management ab.» Der Lehrgang zu Führungsthemen habe ihr gezeigt, dass sie intuitiv vieles schon richtig gemacht habe in der Führung von Mitarbeitenden. «Das hat mich bestärkt, mich für Stellen in leitender Position zu bewerben.» 2014 entschloss sie sich auch noch, den Executive MBA anzupacken. «Im Modul Controlling habe ich ziemlich gelitten», erinnert sich Habegger. Bis in den Schlaf hätten sie die verschiedenen Berechnungswege der Deckungsbeiträge verfolgt. Heute sei sie aber froh, auch davon etwas zu verstehen. Sehr viel über Prozesse und die Kaizen-Methode habe sie ebenfalls gelernt. Beides helfe ihr in ihrem heutigen Job. Bei beiden Weiterbildungsmastern habe sie die Masterarbeit zu einem Thema aus ihrem Aufgabengebiet verfasst. Dadurch fiel ihr die strenge Phase der Masterarbeit etwas leichter, trotz Vollzeitarbeitspensum und privaten Herausforderungen. Ihr Fazit: «Man wächst mit den Aufgaben.»

Von der KV-Lehre zur Kommandantin
Alles begann mit der Berufslehre zur Kaufmännischen Angestellten. Gleich nach Abschluss absolvierte sie die Ausbildung zur Pflegefachfrau HF (ehemals Krankenschwester AKP). Nach einem Auslandaufenthalt als Pflegefachfrau in Namibia folgte die Weiterbildung zur Anästhesiepflegefachfrau. In dieser Funktion arbeitete sie im Universitätsspital wie auch in Regional- und Bezirksspitälern. Erste Kontakte zum Rettungsdienst folgten, die sie sukzessive ausbaute. Schliesslich absolvierte Daniela Habegger auch noch die Ausbildung zur Rettungssanitäterin HF. Als Paramedic war sie in der Folge in Mali, Togo und Haiti im Einsatz. Ihre ersten Führungserfahrungen beruhen auf ihren Tätigkeiten als Erwachsenenbildnerin HF an der Schule für Rettungssanität in Bern, als Leiterin Sanitätsnachrichtendienst (Schweizer Armee) sowie nach der ersten Weiterbildung an der FHS St. Gallen als Bereichsleiterin Pflege Chirurgie am Kantonsspital Obwalden in Sarnen. Bevor sie im Herbst 2016 die Leitung der Sanitätspolizei Bern übernahm, arbeitete sie während viereinhalb Jahren als Pflegedienstleiterin der Universitätskliniken für Kardiologie und Angiologie am Inselspital Bern. Ein eindrücklicher Werdegang. In ihrer Freizeit entspannt sich Habegger bei der Gartenarbeit oder beim Kochen. «Das empfinde ich als sehr kreativ und inspirativ», so Habegger. Ausserdem lese und reise sie gerne.

Zahlen und Fakten rund um die Sanitätspolizei Bern (Stand 2016)
Sanitätsnotrufzentrale 144:

  • Zuständig für das Mittelland, Emmental und Berner Oberland
  • 191’029 Anrufe (durchschnittlich 523 pro Tag),
    Anrufreichster Tag: 6. September mit 843 Anrufen innerhalb 24 Stunden
  • 40’515 disponierte Einsätze, d.h. durchschnittlich 111 pro Tag

Rettungsdienst:

Fahrzeugflotte der Sanitätspolizei Bern

Fahrzeugflotte der Sanitätspolizei Bern (Bild: Sanitätspolizei Bern)

  • Zuständig für 38 Gemeinden mit rund 320’000 Einwohnerinnen und Einwohner
  • 18’867 Einsätze (Tagesdurchschnitt 51)
  • 575’849 gefahrene Kilometer, das entsprecht 13,5 Erdumrundungen
  • Top-Tag: 86 Einsätze innerhalb 24 Stunden im Vergleich zum ruhigsten Tag mit 28 Einsätzen im selben Zeitraum
  • Fuhrpark: 10 Rettungswagen, 6 Einsatzambulanzen, 1 Intensivtransportwagen, 1 Isolettenfahrzeug («Storchenwagen»),
    2 Notarztfahrzeuge, 5 Rettungsboote und 1 Katastrophen-Anhänger

Dr. Klüger und der Titeldschungel

Eidg. Dipl., eidg. FA, BSc, MAS, HF, FH…  es herrscht ein wahrer Dschungel an möglichen Abschlüssen und Titel in der Bildungslandschaft Schweiz. Wer soll all das noch verstehen? Das Wichtigste vorab: so kompliziert ist das gar nicht.

Das Bildungssystem in der Schweiz ist in drei Stufen eingeteilt. In die obligatorische Schulzeit (Primärstufe), in die berufliche oder schulische Grundbildung (Sekundärstufe) und schliesslich die höher Berufs- und Schulbildung (Tertiärstufe). Damit habe ich auch grad gezeigt, dass es in der Schweiz einen dualen Bildungsweg gibt: einerseits über die Berufsbildung, andererseits über ein Studium. Wer sich für eine Berufslehre entscheidet erlangt nach drei oder vier Jahren Ausbildungszeit ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis. Nach einigen Jahren im Beruf kann darauf aufbauend eine Berufsprüfung (eidg. Fachausweis) oder eine Höhere Fachprüfung (eidg. Diplom) absolviert werden. Zudem bieten Höhere Fachschulen (HF) Weiterbildungen an. Ausserdem kann man während der Berufslehre oder im Anschluss daran, die Berufsmaturität (BMS) erlangen und erhält so Zugang zu Fachhochschul-Studiengängen. Berufserfahrene mit einem HF-Abschluss oder einem eidgenössischen Diplom sind ebenfalls an eine Fachhochschule zugelassen. Dort steht ihnen eine vielfältige Palette an Zertifikatslehrgängen (CAS = Certificate of Advanced Studies), Diplomlehrgänge (DAS = Diploma of Advanced Studies) und Weiterbildungsmaster (MAS = Master of Advanced Studies) zur Verfügung, um sich als Fach- oder Führungsperson weiterzuentwickeln. Der «höchste» Abschluss ist der Executive MBA für Personen mit mehrjähriger Berufs- und Führungserfahrung, die im Management auch strategische Aufgaben wahrnehmen.

Wer den schulischen oder studentischen Weg einschlägt, besucht nach der obligatorischen Schulzeit eine Fachmittelschule oder eine Gymnasiale Maturitätsschule. Mit der Matura  „im Sack“ hat man Zugang zu Fachhochschulen und Universitäten oder zur ETH. Der Erstausbildung schliesst mit einem Bachelor (BSc) ab. Darauf baut das konsekutiv Masterstudium auf (MSc). Wer an einer Uni studiert hat zudem die Möglichkeit zu Doktorieren (PhD).

Egal, welchen Weg Sie einschlagen, ich wünsche Ihnen viel Freude und Erfolg beim Lernen!

Ihr Dr. Klüger

PS: Diese Grafik von www.ausbildung-weiterbildung.ch veranschaulicht das Bildungssystem Schweiz und erklärt die unterschiedlichen Bildungswege visuell.

bildungslandschaft-schweiz

Dr. Klüger: ECTS-Punkte

Wissen Sie, was ECTS bedeutet? Nein, mit einem europäischen Gesangs-Wettbewerb hat diese Abkürzung nichts zu tun. Obwohl, einige Gemeinsamkeiten kann ich nicht abstreiten: es geht auch um ein europäisches Punktesystem, aber nicht in blosser Unterhaltung, sondern in Bildung. ECTS steht für European Credit Transfer and Accumulation System und dient zum europäischen Vergleich von Studienleistungen. Sämtliche Studieneinheiten, also Studiengänge, Lehrgänge, Master- und Projektarbeiten usw., werden mit Kreditpunkten bewertet. Ein ECTS-Punkt entspricht einer Arbeitsleistung – dem sogenannten Workload – von zirka 25 bis 30 Arbeitsstunden. In der Regel umfasst ein Weiterbildungsmaster (MAS, EMBA) 60, ein Diplomlehrgang (DAS) mindestens 30 und ein Zertifikatslehrgang (CAS) mindestens 10 ECTS-Punkte. Dank diesem einheitlichen Bewertungssystem können Weiterbildungsangebote, Abschlüsse und Titel der europäischen Hochschulen miteinander verglichen werden.

Egal, welche Weiterbildung Sie anpacken – eine Nullnummer, wie es beim European Song Contest durchaus sein kann, wird es für Sie bestimmt nicht werden. Das kann ich Ihnen garantieren.

Ihr Dr. Klüger