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«Die Betriebe könnten ihr Image besser vermarkten»

Digitalisierung, Globalisierung und Strukturwandel prägen die Geschäftswelt und machen die Unternehmensführung zu einer zusehends komplexen Aufgabe. Das gilt nicht nur für multinationale Konzerne, sondern auch für Schweizer KMU wie zum Beispiel Metallbearbeitungsbetriebe im St. Galler Rheintal. Mit deren Erfolgsfaktoren hat sich Mirco Haltiner, Absolvent des Executive MBA an der FHS St.Gallen, in seiner Masterarbeit auseinandergesetzt. Er ist als Chief Operating Officer bei der HEMAG Balgach AG tätig und hat Einsitz in der Geschäftsleitung dieses Rheintaler Metallbearbeitungsunternehmens. Im Interview spricht er darüber, was KMU dieser Branche nachhaltig konkurrenzfähig hält und in welchen Bereichen noch Handlungspotential vorhanden ist.

Herr Haltiner, in Ihrer Masterarbeit haben Sie die Erfolgsfaktoren von Rheintaler KMU in der Metallbearbeitungsbranche untersucht. Was hat Sie motiviert, sich diesem Thema zu widmen?

Als relativ junge Führungskraft und Mitglied der Geschäftsleitung interessierte es mich sehr, wie es andere Führungskräfte in dieser Branche geschafft haben, mit ihren Unternehmen langfristige Erfolge zu erzielen. Dies vor dem Hintergrund, dass sich die äusseren Rahmenbedingungen immer schneller ändern. Für mich stellten sich folgende strategischen Fragen: Wie können diese KMU langfristig überleben, Generationenwechsel sicherstellen, Firmenübernahmen zufriedenstellend abwickeln, den Mitarbeitenden auch in schwierigen Zeiten ein Ziel vor den Augen geben oder den Technologiewandel und die Digitalisierung erfolgreich mitgestalten? So entstand mein Forschungsprojekt zu diesem Thema.

Durch welche äusseren Einflüsse sind Führungskräfte in KMU der Metallbearbeitungsbranche in der heutigen Zeit am meisten herausgefordert?

Genau wie die Schweiz im Allgemeinen sind auch die KMU der Metallbearbeitungsbranche stark vom Export abhängig. Die globale und zunehmend volatile Wirtschaftswelt, die vom Strukturwandel und der Digitalisierung geprägt ist, bedeutet eine grosse Herausforderung. Für Unternehmen ist es deshalb essenziell, Ressourcen freizuschaufeln und zielgerichtet einzusetzen. Dies benötigt gut durchdachte Investitionen, die richtigen Pläne und das Gespür für das Machbare. Die Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells, Effizienzsteigerungen, das Antizipieren des technologischen Wandels oder die Erschliessung neuer Märkte halten KMU nachhaltig konkurrenzfähig.

Welche Bedeutung haben kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) der Metallbearbeitungsbranche für das St. Galler Rheintal und die Schweiz?

Sowohl in der Metallbearbeitungsbranche als auch in anderen Branchen bilden KMU das Rückgrat der Rheintaler und der Schweizer Wirtschaft. Ob Bäckerei, mechanische Werkstätte oder Gärtnerei: Die KMU stellen mit 99,73 Prozent aller Betriebe in der Schweiz die Mehrheit dar. Zudem generieren sie zwei Drittel aller Arbeitsplätze. Die KMU tragen somit wesentlich zur unternehmerischen Kreativität, zum Wirtschaftswachstum und zum nationalen Wohlstand bei.

Was macht den Erfolg eines Unternehmens aus und welche Erkenntnisse haben Sie diesbezüglich in Ihrer Masterarbeit gewonnen?

Es hat sich gezeigt, dass ein sehr starker und positiv gerichteter Zusammenhang zwischen den Mess- und Steuergrössen und dem Erfolg, sprich der Gewinnmarge, eines Unternehmens besteht. In Bezug auf den Erfolg von Metallbearbeitungs-KMU im St. Galler Rheintal gibt es drei essenzielle signifikante Messgrössen und eine Steuergrösse. Bei den Messgrössen sind dies der Umsatz, die Effizienz und die Mitarbeiterzufriedenheit. Bei den Steuergrössen ist es die Kundenbindung. Diese Grössen weisen auch innerhalb ihrer Perspektiven signifikante Beziehungen zu anderen Variablen und Indikatoren aus. Diese Erkenntnisse haben sich aus einer multiplen Regressionsberechnung des Modells der Mess- und Steuergrössen ergeben. 

Sie haben zudem eine Online-Befragung unter Führungskräften von Rheintaler KMU durchgeführt. Wie waren die Reaktionen?

Von 180 kontaktierten Betrieben haben sich 82 an der Umfrage beteiligt. Diese Rücklaufquote von über 45 Prozent war sehr erfreulich und lag über meinen Erwartungen. Die Befragten zeigten ein hohes Interesse an den Erfolgsfaktoren und reagierten begeistert auf die Umfrage und die Ergebnisse.

Aus Ihrer Masterarbeit sind auch drei Handlungsempfehlungen für Unternehmen entstanden. Welche?

Bei der ersten Handlungsempfehlung geht es um die Fokussierung auf strategische Erfolgspositionen (SEP). Gerade in Zeiten der Digitalisierung und des Strukturwandels ist darauf zu achten, sich nicht von Trends blenden zu lassen. Investitionsentscheide und letztlich die Ressourcenverteilung sollten stets in Hinblick auf die strategischen Erfolgspositionen und nicht hinsichtlich der kurzfristigen Rentabilität getroffen werden.

«Gerade in Zeiten der Digitalisierung und des Strukturwandels ist darauf zu achten, sich nicht von Trends blenden zu lassen.»

Mirco Haltiner, Absolvent Executive MBA

Die zweite Handlungsempfehlung bezieht sich aufs Marken- und Unternehmensimage. Aus der Studie ging hervor, dass die Rheintaler KMU in der Metallbearbeitungsbranche über qualitativ hochwertige, hochtechnologische Produkte verfügen, jedoch der Vermarktung des Unternehmensimage zu wenig Bedeutung schenken. Diese könnte durch die Vernetzung über die Produkte erleichtert werden.

Die dritte Handlungsempfehlung thematisiert den Informationsfluss zwischen Führungsebenen. Es braucht einen stärkeren Miteinbezug auch von Führungskräften auf mittlerer Ebene. Dadurch soll sichergestellt werden, dass alle Führungskräfte denselben Wissensstand haben und die Unternehmung gemeinsam ans gleiche Ziel führen.

Was passiert nun mit diesen Handlungsempfehlungen? Werden Sie in Ihrem Betrieb bereits umgesetzt?

Bei der HEMAG Balgach AG sind wir derzeit daran, die Strukturen zu erstellen, damit wir in einem nächsten Schritt die Ergebnisse aus den Veränderungen auch überprüfen und verifizieren können.

Sie haben an der FHS St.Gallen den Executive MBA absolviert. Welchen Nutzen entfaltet diese Weiterbildung in Ihrer Berufspraxis?

Als Führungskraft benötigt man einen umfassenden Weitblick. Der EMBA ist eine Generalistenweiterbildung, welche diesen vermittelt. Berührungspunkte zwischen dem Erlernten und der Praxis gibt es täglich. Die Kompetenzen, die ich erlangt habe, helfen mir beispielsweise dabei, in anspruchsvollen unternehmerischen Situationen vernetzte Entscheidungen zu treffen. Weiter konnte ich durch diesen Studiengang ein gutes Netzwerk zu anderen Führungskräften aufbauen. Mit diesen treffe ich mich regelmässig und kontaktiere sie auch gerne, wenn es um Lösungsfindungen oder unternehmerische Herausforderungen geht.

«Wir fördern das systemische und vernetzte Denken»

Wer ein Unternehmen erfolgreich führen will, muss mit den Herausforderungen der globalen und digitalen Welt umzugehen wissen. Gefragt ist die Fähigkeit, anspruchsvolle unternehmerische Situationen richtig beurteilen zu können und betriebswirtschaftlich vernetzte Entscheidungen zu treffen. Der Executive Master of Business Administration (EMBA) an der FHS St.Gallen bietet Führungskräften nützliche Antworten für aktuelle und zukünftige Anforderungen. Neuer Programmleiter ist Andreas Löhrer. Im Interview spricht er über Top Skills , über Management-Planspiele, die an der FHS St.Gallen zum Einsatz kommen und über bleibende Netzwerke, von denen die Studierenden profitieren.

Herr Löhrer, wie haben sich die Herausforderungen in der Unternehmensführung in den letzten Jahren verändert?

Wir leben heute in der sogenannten VUKA-Welt. Die Abkürzung VUKA steht für volatil, unsicher, komplex und ambivalent. Zwei bekannte Treiber dieser Entwicklung sind die Digitalisierung und Globalisierung. Aber beispielsweise auch die politische Verlässlichkeit ist im Vergleich zu früher gesunken. Plötzliche Sanktionen und Boykotte können die Folge sein. Unternehmerisches Handeln ist schwer kalkulierbar geworden. Es ist sehr anspruchsvoll für Unternehmungen, eine verlässliche strategische Planung zu erstellen und eine angemessene Entscheidungssicherheit zu erlangen.

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«Menschliche Kompetenzen werden in einer digitalisierten Welt noch wichtiger»

Roland Waibel leitet den Weiterbildungs-Lehrgang Betriebswirtschaft an der FHS St.Gallen. Chris Rutishauser, Mitarbeiter des FHS-Weiterbildungszentrums, befragte ihn rund um dieses Weiterbildungsangebot.

Roland Waibel, welcher Trend stellt in der Betriebswirtschaft und Unternehmensführung zurzeit die grösste Herausforderung dar?

Roland Waibel: Die Digitalisierung ist sicherlich eine grosse Herausforderung. Unter diesem Schlagwort verstehen viele Personen, dass Menschen in Zukunft weniger wichtig sind. Meiner Meinung nach ist aber das Gegenteil der Fall. Menschliche Kompetenzen werden in einer digitalisierten Welt noch wichtiger werden. Kreativität, Intuition, Mitgefühl, Empathie und Wertschätzung werden auch künftig nur Menschen können.

Was unterscheidet Ihren CAS Betriebswirtschaft von anderen Bildungsangeboten mit diesem Themenschwerpunkt?

Waibel: Unser Lehrgang in Betriebswirtschaft vermittelt eine breite, generalistische Ausbildung. Diese hilft, die systemischen Zusammenhänge der Unternehmensführung besser zu erkennen. Das wiederum befähigt zum ganzheitlichen Handeln. Absolventinnen und Absolventen sind der Lage, gute Entscheidungen im unternehmerischen Kontext zu fällen.

Für wen ist der Lehrgang besonders geeignet?

Waibel: Der CAS Betriebswirtschaft eignet sich für Technikerinnen und Techniker sowie Spezialisten aus verschiedenen Branchen, die ein betriebswirtschaftliches Grundlagenwissen erlangen möchten. Es geht darum, zu verstehen, wie das System «Unternehmen» funktioniert.

Was ist Ihnen beim Lehren speziell wichtig?

Waibel: Mir ist wichtig, den Teilnehmenden eine reiche Lernumgebung zu bieten. Das heisst, dass neben aktueller Theorie viele Praxisbeispiele, Videos, Transferaufgaben und Diskussionsrunden zum Einsatz kommen.

Mehr zum CAS Betriebswirtschaft erfahren Sie hier.

 

Zur Person

Prof. Dr. Roland Waibel leitet das Institut für Unternehmensführung IFU-FHS und ist für den Lehrgang CAS Betriebswirtschaft an der FHS St.Gallen verantwortlich.

Seine beruflichen Kompetenzfelder sind:

  • Unternehmensführung
  • Systemisches Management
  • Vernetztes Denken und Handeln
  • Geschäftsmodelle
  • Nischenstrategien
  • Gesamtwirtschaftliche Systeme

Albert Einsteins Zitat «Man soll die Dinge so einfach wie möglich machen – aber nicht einfacher» begleitet ihn durchs Leben.