Das Weiterbildungszentrum der Fachhochschule St.Gallen unterhält langjährige Partnerschaften mit über 40 Kooperationspartnern, welche regional und national verankert sind und in verschiedensten Bereichen angesiedelt sind. Darüber hinaus pflegt sie Kooperationen mit internationalen Partnern und Partnerschulen. Reto Eugster, Leiter Weiterbildungszentrum FHS St.Gallen, führte kürzlich ein Gespräch mit Vertretern von zwei Kooperationspartnern: mit Heiri Keller, Leiter Personalentwicklung der Migros Ostschweiz und mit Karl Weilbach vom Bildungsinstitut Dramatherapie St.Gallen.
Reto Eugster: Herr Keller, Herr Weilbach, das Weiterbildungszentrum der FHS St.Gallen wurde vor rund 2 Jahren aus vier unterschiedlichen Fachbereichen (Wirtschaft, Technik, Soziale Arbeit und Gesundheit) zusammengeführt und der neuen Geschäftsleitung unterstellt. Wie haben Sie in der Zusammenarbeit den Wechsel erlebt?
Heiri Keller: Wir haben vor vier Jahren den Kontakt zur Fachhochschule gesucht, da wir die regionale Verankerung der Weiterbildung unserer Mitarbeitenden fördern und stärken wollten. Wir waren auf der Suche nach einem strategischen Partner, welchen wir im Weiterbildungszentrum der FHS St.Gallen gefunden haben. Die FHS und deren Weiterbildungszentrum stellt ein riesiges Kompetenzzentrum dar; von diesem Wissen möchten wir unsere Mitarbeitenden im Rahmen der Firmenweiterbildung profitieren lassen. Die Zusammenarbeit in diesem Zeitraum ist reibungslos ver-laufen.
Karl Weilbach: Wir – Brigitte Spörri, die das Bildungsinstitut Dramatherapie leitet und ich – pflegen eine rund 20jährige, bewährte Zusammenarbeit mit der FHS St.Gallen – in der Weiterbildung und im Bachelorstudium. Die Wahrnehmung der FHS im Stadtbild ist durch den Neubau gewachsen und unterstreicht die Bedeutung der Fachhochschule in der Region. Die Zusammenarbeit im Weiterbildungsbereich ist geprägt durch die ausgezeichnete Kompetenz der Mitarbeitenden, welche eine hohe personelle Konstanz ausweist.
Reto Eugster: Die Zusammenführung der vier Weiterbildungsbereiche in eine Organisation bildete eine grosse Herausforderung. Nicht nur auf organisatorischer, sondern auch auf personeller Ebene. Sind doch auf einen Schlag zwanzig Mitarbeitende in ein Team zusammengeführt worden. Dies ist uns gut gelungen; die Rückmeldungen von Dozierenden und Studierenden haben uns dies bestätigt.
Wie schätzen Sie die Entwicklungen im Weiterbildungsmarkt ein? Was sehen Sie für Ausrichtungen?
Heiri Keller: Ich sehe im Zusammenhang mit dem neuen Hochschulförderungs- und –koordinationsgesetz (HFKG) die Gefahr einer Verwässerung der Qualität in der Bildung. Ich hoffe, dass der Verdrängungsmarkt zu einer Regulierung der Anbieter führen wird. Die FHS St.Gallen sollte weiterhin die Positionierung im Markt wahrnehmen können, welche sie verdient! Die Durchlässigkeit in Bezug auf die Bologna-Regelung ist in der Schweiz noch nicht erreicht. Für die berufliche Internationalisierung sehe ich aus diesem Grund eine Gefahr für die Fachhochschulen. Junge Menschen streben einen Fachhochschul-Abschluss an, da die Praxisorientierung dieser Aus- und Weiterbildungen einen guten Marktwert gegenüber den Schweizerischen Fachausweisen dar-stellt. Ich glaube, dass schweizerische Fachausweise im internationalen Bereich weniger gefragt sein werden.
Karl Weilbach: Ich sehe die Trennung der beiden Abschlüsse nicht so strikt, je nach Lebensphase stehen unterschiedliche Ausrichtungen im Vordergrund. Die Anbindung verschiedenster Themen an die FH ist sinnvoll. Am Beispiel der Anbindung der Dramatherapie an die Bachelorausbildung und die Weiterbildung können verschiedene Punkte ausgewiesen werden: Durch den Einbezug von Dozierenden aus dem Ausland ist ein internationaler Bezug gewährleistet. Die Kooperation im Masterlehrgang in Psychosozialer Beratung mit der Fachhochschule Vorarlberg und dem Weiterbildungszweig Schloss Hofen bringt Personen aus verschiedenen Bereichen und Stufen zusammen.
Reto Eugster: Wenn Sie selber eine Weiterbildung absolvieren würden, was würden Sie wählen?
Karl Weilbach: Mich interessieren Themen aus dem Gesundheitsbereich; die Palliativ-Medizin und die Schmerztherapie würden mich reizen.
Heiri Keller: Wenn ich jünger wäre, würde ich vom Profil her ein MBA-Studium in Angriff nehmen.
Reto Eugster: Der Anspruch an Weiterbildung richtet sich stark nach Lebensphasen. Unsere Hauptzielgruppe liegt im Umfeld der 40jährigen. Der Weiterbildungsbedarf der Altersgruppe der über 45jährigen ist systematisch schlecht abgedeckt, was sagen Sie dazu?
Karl Weilbach: Aus persönlichkeitsorientierter Sicht wäre eine Verstärkung der Aktivitäten in diesem Bereich sinnvoll. Ob dies aus ökonomischer Sicht Sinn macht, bin ich mir nicht sicher.
Reto Eugster: Die generationale Vermischung könnte auch als Chance gesehen werden. Was denken Sie dazu?
Heiri Keller: Die Kombination von Lehrendem und Meister beim Lernen in der Praxis hat sich bewährt. Die Durchmischung von Altersgruppen finde ich sehr gut, diese sollte aber nicht reglementiert werden. Der qualitative Anspruch an die Teilnehmenden muss gewährleistet sein. Der Austausch von Generationen und Kulturen sehe ich als grosse Chance.
Karl Weilbach: Ich bin als Dozent im Lehrgang Krisenintervention tätig. Die Altersspannbreite bewegt sich zwischen 25 und 60 Jahren. Es prallen verschiedenste Erfahrungswerte und Ansprüche aufeinander, was einen wertvollen, sinnstiftenden Austausch ermöglicht.
Grundsätzlich nehme ich in der Bildung die Vermittlung eines technokratischen Ansatzes wahr, der selbstreflektorische Ansatz wird vernachlässigt.
Heiri Keller: Reflektionsfähigkeit ist eine der wichtigsten Fähigkeiten, über die eine Führungskraft verfügen muss.
Karl Weilbach: Es ist wichtig, zu wissen, was man nicht weiss! Die Hinterfragung des Wissens, das Neudenken versus Wissensabschöpfung, sind Felder, die gepflegt werden müssen.
Reto Eugster: Der Anspruch an die Verarbeitung von Wissen ist gestiegen. Ziel ist es aber, nicht über mehr Ordnerwissen zu verfügen, sondern der Umgang mit dem Wissensgewinn muss vermittelt werden. Die Integration dieses Wissens in die eigene individuelle Berufslaufbahn bildet die grosse Herausforderung und den Nutzen von Weiterbildung.
Herr Keller und Herr Weilbach, ich danke Ihnen für den interessanten Austausch.